Johannes-Kepler-Gymnasium | Stuttgart-Bad Cannstatt

Schulleben

Qingdao in China

Bericht über den ersten Schüleraustauschbesuch des Johannes-Kepler-Gymnasiums mit der Qingdao Middle School No.19 vom 6.5.2018-17.5.2018

Mit großer Spannung wurde nach dem Besuch der chinesischen Schulleitungs-delegation und der ersten Schülergruppe im Sommer 2017 nun der erste Gegenbesuch in China erwartet – und um es gleich vorweg zu sagen, das Warten hat sich sehr gelohnt!

Der Besuch stand auf drei Säulen: dem Besuch in der Schule und dem Miterleben des Alltags im dortigen Internat, der Teilnahme am Familienleben der Schülerinnen und Schüler am Wochenende und einem integrierten Besuch bedeutender Stätten des klassischen chinesischen Altertums.

Der Schulalltag der Qingdao Middle School No.19 unterscheidet sich grundsätzlich vom Alltag unserer Jugendlichen, da die Schule nach dem Umzug in einen kompletten Neubau vor zwei Jahren als Internat mit 2000 Schülerinnen und Schülern organisiert ist. Das Leben in großen Wohnheimen, das dreimalige Essen am Tag in einer dreistöckigen Mensa, die komplette Organisation der Tagesstruktur durch die Schule und die kaum vorhandene, selbst organisierte Freizeit, stellte für unsere Gruppe eine fundamental neue Erfahrung dar.

Dies setzte sich in der Tagestruktur fort. Die Tage begannen mit dem Wecken um 6.30 Uhr. Anschließend gab es Frühstück und dann Unterricht von 8 – 12 Uhr. In der Mittagspause mussten sich alle Jugendlichen zur Mittagsruhe bzw. zum Mittagsschlaf auf ihre Zimmer begeben. Ab 14.30 Uhr fand bis 17.30 Uhr wieder Unterricht statt. Geradezu schockierend für unsere Schülerinnen und Schüler war die Erfahrung, dass ihre chinesischen Partner von 18 – 22 Uhr im Klassenzimmer und unter der Aufsicht von Lehrkräften Hausaufgaben und zusätzliche Lernzeit hatten. Dies galt auch für Freitag- und Sonntagabende, denn der Besuch in den Familien am Wochenende findet nur zwischen Samstag 15 Uhr und Sonntag 16 Uhr statt.

Alleine diese Taktung des Alltags und die kaum vorhandenen Möglichkeiten, über Zeit selbst verfügen zu können, war ein einschneidendes Erlebnis und hat die Sicht auf unser Schulsystem deutlich verändert.

Grundsätzlich waren die gastgebenden Schülerinnen und Schüler im Unterricht sehr konzentriert und motiviert, wenn auch manchmal erschöpft, was bei dem Pensum jedoch nicht weiter verwunderlich ist. Die Lehrerinnen und Lehrer konnten in Klassen mit 36 bis 48 Jugendlichen „ungestört“ unterrichten. Auch methodisch lief der Unterricht durch die hohen Klassenstärken relativ frontal ab, wobei hier je nach Fach und Lehrkraft deutliche Unterschiede und Entwicklungen wahrnehmbar waren.

Vom Programm her gab die Schule sich ungeheure Mühe, für uns den Aufenthalt so interessant und abwechslungsreich wie nur irgend möglich zu gestalten. Dies begann schon bei einer sehr ansprechenden Willkommenszeremonie mit traditionellen Tänzen und klassischer chinesischer Musik, sowie einer beeindruckenden Vorführung in Kalligraphie und setzte sich dann mit für uns extra geplantem Unterricht in Kunst (Holzschnitt, Scherenschnitt und Kalligraphie), Sport (Tai-Chi) und Technik fort, der uns immer wieder mit Kernelementen der chinesischen Kultur in Kontakt kommen ließ.

Als sehr beeindruckend haben die Schülerinnen und Schüler immer wieder die Tage am Wochenende in den Familien beschrieben. Hier boten sich Kontaktmöglichkeiten, wie sie nur während eines Schüleraustausches möglich sind. Die Teilnahme an Ausflügen, Familienunternehmungen und –feierlichkeiten gewährten unvergessliche Einblicke in das Alltagsleben in China und weiteten so den kulturellen Horizont enorm.

Beim „touristischen“ Programm legten wir ganz besonders viel Wert darauf, nicht typische Touristenorte wie Peking oder Shanghai zu besuchen, sondern mit Qufu und Zhoucheng zwei Stätten des klassischen Altertums, die als Geburtsort von Konfuzius (Kung dsi) und Menzius (Mong dsi) seit Jahrhunderten für die chinesische Kultur von größter Bedeutung sind. Die Verknüpfung dieser Traditionen des Lernens und der Vervollkommnung der Persönlichkeitsbildung mit dem (Schul-)Alltag wurde für die Schülerinnen und Schüler sehr anschaulich und eindrucksvoll deutlich.

Außerdem bot die Region um Qingdao selbst als ehemaliges „Deutsches Schutzgebiet Kiautschou“ sehr viele Anknüpfungspunkte für einen interkulturellen Austausch. Zahlreiche, im Stadtbild sichtbare/erhalten gebliebene deutsche Gebäude und Einrichtungen (Krankenhaus, Middle School No. 19), zeugten von einer lang zurückdatierenden chinesisch-deutschen Geschichte.

Vor allem die Biographie des aus Stuttgart stammenden Richard Wilhelm, der 22 Jahre in China tätig war und nahezu sämtliche chinesischen Klassiker ins Deutsche sowie viele deutschen Klassiker (u.a. Kant) ins Chinesische übersetzte, stellt bedeutsame Verbindungen in der Geschichte zwischen Stuttgart und Qingdao her.

Insgesamt war der Austausch eine sehr gelungene Unternehmung. Sowohl inhaltlich als auch auf persönlicher Ebene konnten viele Erfahrungen gemacht und Kontakte geknüpft werden. Tränenreiche Szenen beim Abschied, sehr berührende Abschiedsbriefe und ein seither bestehender Austausch über die modernen Medien geben Zeugnis davon, dass sich die Reise auf jeden Fall in dem von uns beabsichtigten Sinne gelohnt hat und hoffentlich viele Fortsetzungen finden wird.    

Christian Klemmer
Schulleiter, OSt

Besuch der ersten Schülergruppe aus Qingdao in China

Nach dem Besuch der Schulleitungsdelegation im Juni diesen Jahres fand nun endlich der lang ersehnte erste Schülerbesuch einer Gruppe der No. 19 Middle School aus Qingdao statt.

 

Am Freitag, 14.7.17 um 11.30 Uhr war es endlich soweit: Der Bus mit unseren Gästen (vier Lehrerinnen und 18 Schülerinnen und Schülern) fuhr auf den Schulhof des Johannes-Kepler-Gymnasiums! Die Freude und die Neugier auf die Person, die da so kommt, gewannen schnell die Oberhand über die vielleicht auch vorhandene Scheu und schnell ging man aufeinander zu und begrüßte sich herzlich. Nach einem gemeinsamen Mittagessen in der Kepleria fand ein Sport- und Spaßturnier mit gemischten Mannschaften statt, so dass man sich schnell besser kennenlernte. Den Ausklang bildete ein gemeinsames Grillen, bei dem schon erste Erfahrungen mit einer fremden (Ess-)Kultur gemacht werden konnten.

Das anschließende Wochenende verbrachten die Jugendlichen dann in ihren jeweiligen Gastfamilien.

Am Montag hatten die Gruppen je nach Zugehörigkeit zu den 9er- oder 10er-Klassen ein unterschiedliches Programm. Während die 9er mit den chinesischen Austauschpartnern des Ferdinand-Porsche-Gymnasiums Zuffenhausen gemeinsam Schloss Neuschwanstein und die Stadt Kempten besuchten, nahmen die 10er an der zweitägigen Straßburg-Fahrt teil.

 Gemeinsam mit den Austauschpartnern, den Begleitern und 10ern gewährt Rainer Wieland Einblicke in die Arbeit des Europäischen Parlamentes. 

 Sowohl bei dem vorausgegangenen Besuch des Europarates, als auch beim Besuch des Europäischen Parlamentes zeigten sich die angehenden Kursstufenschüler von ihrer besten Seite und beeindruckten durch Fragen, die in englischer Sprache formuliert wurden. Insgesamt reichte die Zeit fast nicht aus, alles Wissenswerte auszutauschen. Bei der Stadterkundung blieb trotz großer Ausdauer und Aufgeschlossenheit vieles in der heimliche Hauptstadt Europas unentdeckt. 

Natürlich stand auch der Besuch des Unterrichts am JKG an den Vormittagen auf dem Programm. Schließlich ist das Kennenlernen der unterschiedlichen Schulkulturen auch ein zentrales Anliegen eines solchen interkulturellen Austausches.

Aber die touristischen Höhepunkte Stuttgarts durften selbstverständlich nicht fehlen, weshalb auch der Besuch des Fernsehturms, des Ludwigsburger Schlosses und des Mercedes-Benz Museums einen wichtigen Beitrag zum gegenseitigen Kennen- und Verstehenlernens bildeten.

Der krönende Abschluss der gemeinsamen Veranstaltungen war der gemeinsame Besuch des wunderbaren Schulkonzertes im Kursaal (s. Bericht auf dieser Seite). Im Anschluss daran klang der Abend im Kurpark gemütlich aus.

Am Freitag, 21.7.17 fanden sich früh morgens die von den vielen Erlebnissen und dem vollen Programm doch recht müden aber glücklichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Hauptbahnhof Stuttgart ein. Hier gab es herzliche und "herzzerreißende" Abschiedsszenen und sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Eltern berichteten begeistert von der zurückliegenden Woche.

Jetzt sind wir schon ganz gepannt und schauen aufgeregt in die Zukunft - unser Gegenbesuch in China wird wohl im Mai des nächsten Jahres stattfinden und wir sind schon mächtig neugierig, was wir dort erleben werden!